St. Johann-Bleichstetten

Ein Geschenk: So taucht Bleichstetten erstmals in einer Urkunde auf. Sie besiegelte die Übergabe des Dorfes von Eberhard von Metzingen ans Kloster Allerheiligen in Schaffhausen – Eberhards Sohn war dort Abt, das erklärt die großzügige Gabe an das weit entfernte Haus. Was im Jahr 1102 verschenkt und knapp dreihundert Jahre später vom Kloster wieder verkauft wurde, waren neun Höfe mit den dazugehörigen Familien, zusammengedrängt um Anger und Kirche.

Die Kirche im historischen Ortskern wurde 1950 wegen Einsturzgefahr gesperrt und ein Jahr später abgebrochen. Nur der 1710 auf den mittelalterlichen Kirchturm gebaute Fachwerkaufsatz hat glücklich überlebt: als Turmatelier eines Künstlerhauses im Neubaugebiet Sonnenhalde. Ihr neues Gotteshaus haben die Bleichstettener nicht mehr in den engen Talkessel gesetzt, sondern auf die Höhe darüber. Für damals rund 100000 Mark entstand 1952/53 die Christuskirche. Auf dem Grundstück der alten Kirche wurde ein Back- und Waschhaus gebaut, in dem heute die Heimatstube untergebracht ist.

Im oberen Dorfteil war im 19. Jahrhundert bereits der Friedhof angelegt worden. Und 1927 leistete der Ort sich dort einen repräsentativen Schulhausneubau samt Gemeindebad im Keller und Turmuhr auf dem Dach. Kein reiner Luxus: Turm und Glocken der Kirche im Unterdorf – damals wichtige Zeitgeber – waren von vielen Feldern auf der Höhe aus weder zu sehen noch zu hören. Das denkmalgeschützte Gebäude ist als Dorfgemeinschafts- und Rathaus zu neuen Ehren gekommen.

Aus den Grabhügeln im Gewann ‚Urlach‘ nordnordöstlich des Ortes stammen aus früheren Grabungen mindestens drei Gräber der frühkeltischen Hallstattzeit mit verzierten Keramikgefäßen und Metallgegenständen. Ein vorgeschichtliches Siedlungsareal am Rutschenfelsen rund um die dortige Doline hat bronzezeitliche, frühkeltische (hallstattzeitliche) und römische Funde erbracht. Der im Jahr 1102 als Bleichstetin genannte Ort wurde sicher spätestens im 7. Jahrhundert gegründet. Dies belegen frühmittelalterliche Funde aus einem vermutlich größeren Gräberfeld am Hinterberg (Schweizer Straße) in leicht erhöhter Lage nördlich über dem alten Ortskern, aus denen zwischen 1870 und 1900 aber nur mehrere Schwerter überliefert sind. Eine weitere frühmittelalterliche Siedlungsstelle lag im Bereich des 1827 abgerissenen Rutschenhofes im Umfeld der wasserführenden Doline in Gewann ‚Brunnenwiesen‘. Sie dürfte – wohl an einem alten Weg vom Echaz-Albvorland in das Ermstal bei Urach gelegen – im Zusammenhang mit der früh- und hochmittelalterlichen, befestigten Siedlung auf dem Runden Berg bei Bad Urach stehen.

Luftbildaufnahme von St. Johann-Bleichstetten
© Luftbildaufnahme von St. Johann-Bleichstetten
Kreisarchiv Reutlingen B 2801_04253_240.22

Luftbildaufnahme von St. Johann-Bleichstetten.