Münsingen
Wie das historische Münsingen ausgesehen hat, ist dem Stadtbild noch deutlich abzulesen: ein ziemlich perfektes ummauertes Quadrat. Und wo früher die Haupteingänge waren, verraten heute noch die Straßennamen »Beim oberen Tor« und »Beim unteren Tor«. Reste der alten Stadtmauer finden sich an einigen Stellen. Und von den Gebäuden aus Münsingens erster Blütezeit im 15. Jahrhundert haben sich die wichtigsten erhalten: die Martinskirche mit ihrem kunstvollen Chor, das Alte Schloss, das allerdings mehr Fruchtkasten als Prunkbau war. Viele weitere historische Gebäude, etwa die heute als Bürgerhaus genutzte Zehntscheuer, stammen aus der Zeit nach dem großen Stadtbrand von 1671.
Ins späte 15. Jahrhundert fällt auch ein Ereignis, das Münsingen in der Landesgeschichte eine gewisse Bedeutung verschafft: die Unterzeichnung des Münsinger Vertrags von 1482, der die vierzig Jahre andauernde Teilung Württembergs beendete. Das klingt harmonischer, als es tatsächlich war. Die beiden Vertragspartner, Graf Eberhard im Bart und sein gleichnamiger jüngerer Vetter, hörten deshalb nicht auf, um Privilegien und Nachfolgerechte zu rivalisieren. Aber Württemberg – damals Grafschaft, wenig später Herzogtum – war und blieb eins.
In der Verwaltungsstruktur dieses Württemberg nahm Münsingen in den folgenden Jahrhunderten eine für seine geringe Größe beachtliche Rolle ein: als Amtsstadt, Sitz eines flächenstarken Oberamts, später auch Kreisstadt. Etwas von dieser Bedeutung lebte nach der Verwaltungsreform weiter, als Münsingen einige Kreisbehörden, sein Amtsgericht und sein Kreiskrankenhaus behielt. Auch als Schul- und Bildungsstandort spielt die Stadt eine wichtige Rolle.
Münsingen und Militär: Dieser Zweiklang dominierte die Stadtgeschichte im gesamten 20. Jahrhundert. 1895 richtete das Königreich Württemberg hier einen Truppenübungsplatz ein, wenige Jahre nach Fertigstellung der Bahnlinie in Richtung Reutlingen. Als Truppenunterkunft und Soldatenstadt wurde das Alte Lager in Auingen gebaut, am Stadtrand entstand das Neue Lager, die spätere Herzog-Albrecht-Kaserne. Münsingens Bild im Südwesten wurde im Wesentlichen von den Soldaten geprägt, die hier ihren Dienst abgeleistet hatten oder zum Manöver auf die raue Alb gekommen waren.
Den Ruf einer Garnisonsstadt hat Münsingen gründlich abgelegt. Dafür hat die Kommune alle Chancen genutzt, die sich durch den Abzug der Bundeswehr und die Auflösung des Truppenübungsplatzes ergaben. Die frühere Kaserne wurde zum Wohnpark, das Militärgelände zum Naturparadies und zum Mittelpunkt des Biosphärengebiets Schwäbische Alb. Heute tragen Ausflügler, Urlauber und die vielen Nachhaltigkeits-Projekte des Biosphärengebiets ein ganz anderes Münsingen-Bild in die Welt.
Nicht nur an Einwohnern hat das Mittelzentrum auf der Alb in den vergangenen Jahrzehnten deutlich zugelegt, sondern auch an Wirtschaftskraft. Unternehmen aus dem Ballungsraum zogen hierher oder verlagerten Teile ihrer Produktion auf die Alb. Das Industriegebiet dehnt sich immer weiter aus.
Zahlreiche vorgeschichtliche Grabhügel auf der Markung haben bei früheren Untersuchungen Funde aus der Bronzezeit und auch solche der frühkeltischen Hallstattzeit erbracht. Lediglich im Gewann ‚Badstuhl‘ gibt es aber bislang Hinweise auf einen Siedlungsplatz. Bemerkenswert sind zahlreiche römische Münzen von mindestens vier verschiedenen Stellen sowie römische Siedlungsreste bei der Fauserhöhe südwestlich vom Ort. Mindestens vier Stellen mit frühmittelterlichen Gräbern belegen bereits ab dem späten 6. Jahrhundert eine Aufsiedlung in Münsingen und Umgebung. Zu nennen sind Gräber beim Portlandzementwerk am Freibad, ebensolche bei den Stadtwerken (Hintere Gasse, altes Gaswerk) sowie einzelne Funde in der Karlstraße und beim Stadtbach in der Wiesentalstraße. Die vermutlichen Hofgrablegen bezeugen eine weilerartige Siedlung aus mehreren Kernen, die vermutlich als Zentrum der im Jahr 904 genannten Munigiseshuntare (früher Herrschaftsbezirk) anzusehen ist. Von Bedeutung war sicher die verkehrsgeographisch günstige Lage in der Münsinger Mulde einmal für die Albüberquerung durchs Ermstal (Seeburg/Trailfingen) zur Donau, zum anderen führte wohl eine Römerstraße längs zum Albtrauf.
